St. Maria Müstair, Tschierv, Ofenpass, Ova Spin, Zernez, (Klosters) – Serneus 41 km
Der Wettergott hatte uns erhört und tatsächlich verließen wir schon um halb neun das frostig kalte St. Maria, aber in schönem Sonnenschein und nur ein paar Wölkchen, die den frisch-blauen Himmel zierten. Eine wunderschöne Morgenstimmung, auch die Straße war noch sehr ruhig und das Münstertal ist jedes Mal wieder ein landschaftlicher Genuss. Auf sanft geneigten Hängen wellt sich das breite Tal zum Pass hin. So ist auch die Straße: immer mal wieder deutliche Anstiege, von denen man sich immer wieder auf flacheren Passagen erholen darf.

Zum Schluss scheint sich der Pass noch daran zu erinnern, dass er als vollwertiger Pass auch Kehren haben sollte und so winden sich gerade mal drei Kehren den zum Schluss steilen Hang hinauf. Zu normal sommerlichem Wetter brüllt die Sonne an diesen Hang und der Pass wird seinem Namen gerecht, heute waren die Temperaturen sehr geeignet, um Ausdauersport in Form von Bergaufkurbelei hier zu verrichten.
Dann war auch bald nach ein wenig innerlichem heimlichen Weinen die Passhöhe erreicht und sofort war klar: heute ist der Ofen aus. Ein bissig kalter Wind von Westen und in unsere Richtung dunkle viel Feuchtigkeit verheißende Wolken. Also nichts wie los, keine Zeit war zu verlieren.

Die Abfahrt und Weiterfahrt führte uns durch den Nationalpark Engadin. Sehr ursprünglich, dunkler Wald und graue Felsen, die heute noch etwas dunkler wirkten. Viel Verkehr, zum Glück dank mehrerer Baustellenampeln immer schwallweise, was wollten die eigentlich alle dort oben?
Man muss noch einmal einen Minipass überqueren, den Ova Spin, im Prinzip ist das genau eine Rampe, die man von weitem sieht und „ach du je“ denkt, aber diese ist schnell abgearbeitet.
Cosima und ich hatten die Etappe schon mit Plan B beplant: Zug ab Zernez, weil die Wetteraussichten je weiter westlich desto zuverlässig nass versprachen. Cosima trat gleich komplett den Rückzug in die Heimat an, ich wollte mit Thea aber noch die schöne Übernachtung in Klosters mitnehmen.
Thea allerdings war wild entschlossen, den Flüelapass noch zu erarbeiten und schoss dann gleich mal als erste ins Tal, um so viel halbwegs trockene Zeit wie möglich mitzunehmen.
Und tatsächlich war meine Ankunft in Klosters dann deutlich nass und sehr kalt. Uh. Das Hotel war um einiges weiter im Tal. Ich nahm die Radroute – ein schrecklich hoppeliger Schotterweg und natürlich total matschig. Nichtsdestotrotz erreichte ich bald das Hotel, das tatsächlich sehr lauschig direkt am Fluss Landquart liegt.
Nachdem ich selbst gemütlich in der Sauna wieder Wärme in die Knochen getankt hatte, kam Thea dann zum Glück zwar nass und durchgefroren aber ansonsten unbehelligt am späteren Nachmittag an. Es muss schon sehr ekelhaft und anstrengend gewesen sein, sie war allerdings ob der etwas durchgeknallten Leistung sehr euphorisch. Und ich verprach ihr, den Pass bei gutem Wetter noch mal gemeinsam unter die Räder zu nehmen, es muss wohl auch sehr schön sein dort oben.

Jetzt war noch eine letzte Herausforderung des Tages zu bewältigen: das Hotel hatte kein Restaurant, aber wir beide Hunger. Ich hatte in Serneus ein toll wirkendes Restaurant ergoogelt, wo wir trotz Dauerregens beschirmt hinlaufen konnten. Nur – das hatte unerwarteterweise Ruhetag, au weia!
Zwei Damen waren im Dorf ihre Hunde lüften, die fragten wir nach Alternativen. Die einzige realistische Alternative war zurück nach Klosters zu kommen – aber wie? Zu Fuß definitiv zu weit. Aber – in der Schweiz funktioniert der öffentliche Nahverkehr und wie von Zauberhand erschien innert weniger Minuten ein Bus, der uns nach Klosters brachte. Wir nahmen das nächste Restaurant am Bahnhof, etwas edel, aber egal. Der Kellner hatte uns beim Bestellen fast schon wieder vergessen, Thea war schon auf der letzten Rille. Dann konnten wir aber doch schnell bestellen, hatten unser Essen in sensationell wenigen Minuten und schafften sogar den letzten Bus zurück eine Stunde später. Das hätte man nicht besser planen können!
So hatte dieser am Ende schrecklich verregnete Tag doch noch seine sehr denkwürdigen Anteile und wir fanden das alles am Schluss sehr lustig.