Nicht Barcelona sollte der Terminus sein, sondern Carcassonne. Bin schon wieder zuhause. Grahams Frau ging es so oder so nicht gut, und am Dienstag abend kam noch eine angsteinflößende Diagnose dazu. Alleine wollte ich dann auch nicht weiter weil zum ersten waren die Wetteraussichten immer noch nicht entscheidend besser, zum zweiten hatte ich mir sowieso eine schmerzhafte Reizung an der linken Achillessehne angekurbelt, die mindestens einen Tag Pause gebraucht hätte und zum dritten wäre es ohne Graham sooo viel weniger nett. Also trat ich solidarisch mit ihm den Rücktritt am Bahnhof in Carcassonne an.

Im französischen TER – Fahrradmitnahme kostenlos und meistens ganz ordentlich gelöst
Ich konnte auch gleich losfahren, da mit unreserviertem Fahrrad sowieso nur Nahverkehrszüge problemlos benutzbar sind, dafür fahren die quasi ständig. Ich schaukelte also am Rest dieses Tages gemütlich durch Frankreich mit Umstieg in Narbonne (nur Treppen, wtf), Avignon (gottlob mit Aufzug und Rolltreppe) und Lyon (dort gottlob auch). Die SNCF-Dame am Schalter hatte mir auf gut Glück mal Tickets bis Lyon ausgestellt, wo ich am späten Nachmittag ankam. Nach stundenlanger Recherche verschiedenster Bahn-Apps fand ich heraus, dass ich noch bis Aix-les-Bains kam und von dort einigermaßen früh nach Genf. Ab dort ist man alle Probleme los: der Umstieg dank Rampen immer barrierefrei, die Züge pünktlich und quasi alle mit Fahrradmitnahme. Nur den Neigetechnik-IC von Genf muss man reservieren, was aber dank der genialen App der SBB kein Problem ist. Ja, in der Schweiz kann man per App Fahrradtickets kaufen UND Fahrradplätze im Zug reservieren! Warum schaffen die das bei uns nicht?
In Aix-les-Bains sollte dann also meine letzte französische Station sein. Nicht die schlechteste Wahl. Sehr viel kleiner und überschaubarer als z. B. Lyon gewesen wäre, aber sehr sehenswert. Malerisch von Bergen umgeben am Lac du Bourget gelegen, an dem auch die Bahn sehr pittoresk entlang fährt. Und quasi die ganze Stadt voller Belle-Epoque-Fassaden, Stuck hier und schmiedeeiserne Balkongitter dort. Und in genau so einem schnuckligen Haus mit knarzenden Bodendielen und schmachtendem Kronleuchter im Frühstücksraum fand ich ein nettes Hotel, das Hotel Savoy. Und hatte abends ein ausgezeichnetes Savoyer Schnitzel: Hähnchenbrust mit Reblochon gefüllt und mit Speck umwickelt, in einer Käsesauce im Ofen gegart.
Am Folgetag dann noch die erwähnte Durchquerung der Schweiz, dieses Mal erwartungsgemäß hundertprozentig problemlos und entspannt. Zum Schluss die Querung des Sees mit der Fähre, dann die letzten 8 km per Rad nach Hause, wo ich sofort von den besten Nachbarn der Welt mit selbst gebackenen schwäbischen Seelen und Kaffee in Empfang genommen wurde.
Es ist natürlich ein bisschen traurig, dass wir die Unternehmung so abrupt abgebrochen haben, aber am allerwichtigsten ist, dass Sylvia – Grahams Frau – gesund wird! Bitte Daumen drücken!