Nach der vielen Natur und dem langen harten Konsumverzicht musste unbedingt eine urbane Situation ins Reiseleben treten. Der eigentliche Plan sah vor, dass wir nach Umeå wollten, und evtl. dort neben den üblichen urbanen Zeitvertreiben auch die @FraukeMolander treffen wollten. Aber Umeå wollte uns nicht – dort war gerade Messe, wohl die größte in Schweden mit insgesamt über 100.000 Besuchern und keine Unterkunft mehr für uns übrig.
Dann planten wir spontan auf Luleå um. Klingt ja fast gleich. Es sollte dort eine ‚Altstadt‘ geben, bzw. ein so genanntes altes Kirchendorf, was immerhin Teil des schwedischen Unesco-Weltkulturerbe ist. Und dort sollte auch das STF-Vandrarhem liegen, hörte sich also ganz gut an.
Die erste Überraschung: die Altstadt lag weit außerhalb der Innenstadt! Also erstmal den Bus finden und wieder quasi zurück fahren. Hostel gleich gefunden. Sehr seltsam war, dass so überhaupt gar nichts los war, nennt sich Luleå doch Metropole im Norden und die Gammelstaden ist das absolute touristische Highlight.
Die Erklärung für die wenig zentrale Lage hatten wir schnell rausgefunden: Im 17. Jahrhundert an der Stelle der Gammelstaden gegründet, wurde der Hafen bald immer wichtiger, gleichzeitig die Erreichbarkeit des Hafens durch die Landhebung bald sehr schlecht, so dass schon im 17. Jahrhundert die Verlegung des Zentrums von Luleå realisiert wurde. Die Kyrkbyn blieb aber ein wichtiger Kirchlicher Treffpunkt. Die Kirche war zu ihrer Bauzeit die größte Steinkirche nördlich von Uppsala. Aus der ganzen weitläufigen Gemeinde kamen die Bewohner zusammen und lebten dann übers Wochenende in mehreren hundert kleinen Hüttchen rund um die Kirche auf engstem Raum zusammen. Dieser Brauch lebt heute noch, wenn es sich auch auf wenige Male im Jahr beschränkt und die Menschen nicht mehr per Kutsche sondern selbstverständlich mit dem Automobil anreisen.
Am nächsten Tag war erst mal Shoppen angesagt, um den harten Entbehrungen beim Wandern ein wenig entgegenzusetzen. Klamotten waren ja nur minimal im Programm bisher und wir möchten ja noch eine Weile als ordentliche Touristen durchs Land ziehen. Also wieder mit dem Bus in die Innenstadt.
Das moderne Luleå macht einen eher unspektakulären Eindruck. Eine sehr ruhige Stadt, hat der Radverkehr doch großen Anteil und der relativ wenige Autoverkehr wird einigermaßen aus der Innenstadt herausgehalten – Vorfahrt für Rad und Bus. Die Einwohnerzahl ist mit rund 46.000 für deutsche Verhältnisse eher gemütlich, aber immerhin gibt es eine Universität hier. Die Innenstadt ist wie so viele Städte im Norden von etwas in die Jahre gekommenen praktischen Zweckbauten geprägt. Wobei sehr viel gebaut und erneuert wird, die Stahlproduktion bringt wohl nach wie vor Geld ins Haus.
Man merkt sehr stark, dass die Tage mit schönem Wetter gezählt sind, es finden sich relativ viele Passagen und kaum Draußensitzkultur in schönen Cafés. Allerdings hatten wir blendend schönes Wetter und die Schweden honorieren dies kräftig, indem auch bei ’nur‘ rund 20° die absoluten Sommerkleidchen getragen werden.
Am Folgetag schauten wir uns ausgiebig die Altstadt an und promenierten zwischen den zahlreichen putzigen Hüttchen umher. Ein Besucherzentrum mit kleinem Museum, wie fast immer in Schweden sehr gut gemacht, verdeutlichte den Besuchern das frühere Leben in den Hüttchen zu den Kirchenfesten. Die Kirche war offen und ebenfalls sehr sehenswert, kann man hier (so viel man weiß) die nördlichsten mittelalterlichen Wandmalereien bestaunen. Auch hier waren allerdings nur sehr wenig Leute unterwegs – Massentourismus à Nordschweden.