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Adieu, schöne Gegend

Nottuln – Schloss Varlar – Coesfeld – Buldener See – Schapdetten – Sandsteinhof 68 km

Die schöne Gegend gab in Vereinigung mit dem endlich schönen Sommerwetter heute alles, damit wir sie in wohl bester Erinnerung behalten. Eine letzte Landpartie mit Schloss, Eis und See war der Plan, was natürlich nicht viel von den Plänen der anderen Landpartien abwich, aber in einer schönen Gegend wie dieser wird das nicht langweilig.

Wir fuhren heute südlich um die Baumberge herum, hatten aber die Rippe, die dieser Höhenzug bildet, noch spürbar im Anstieg. Ein frischer Wind blies uns zusätzlich von vorn entgegen, was aber für deutlich weniger Schwüle als an den vergangenen Tagen sorgte. Wieder dieser schöne Mix aus Alleen, Äcker, Wäldchen, Klinkerhäusern, Tieren auf der Weide. Kinderbuchillustratoren gehen bestimmt alle hier in die Lehre – hier findet man alle märchenrelevanten Motive, inklusive vieler Schlösser und Burgen. Die Prinzen und Burgfräuleins allerdings fahren heute SUV.

Einen ersten Halt legten wir in Nottuln ein. Auch das wieder ein hübscher Ort mit altem Gemäuer und Kirche im Dorf. Und – ganz wichtig – mit Eisdiele. Als wir das Eis vernichtend so davor standen, rauschte plötzlich ein Velomobil mit sprudelkastenbeladenem Anhänger vorbei. Wie immer in solchen Situationen winkte ich frenetisch, der Velomobilfahrer bremste, stieg aus und rief ebenfalls frenetisch, unsere Fahrräder meinend: „Nee, echt, Wölfe?“. Womit er sich natürlich als echter Kenner outete. Natürlich auch er ein Spezigänger (Spezialradmesse in Germersheim), und auch ein Forumsmitglied im Velomobilforum, der Internetplattformen für alles, was liegend radelt. Sehr nett plauderten wir eine Weile und machten noch ein kleines Fotoshooting, bevor jeder wieder seiner Wege zog.

Norberts Velomobil als alltagstauglicher Autoersatz

Weiter wellten wir uns über die lieblichen Hügel Richtung Westen. Das imposante Schloss Varlar war das nächste Etappenziel. Und tatsächlich, das war bisher das größte und prunkvollste. Na dann mal in den Schlosshof gerollt, da würde es bestimmt einen Kaffee vom Gesinde serviert geben. Aber seltsam – keinerlei Besucher, keinerlei Gastronomie. Wir wollten eben für ein paar Fotos am schönen Eingangsportal posen, als eine Dame – offensichtlich eine Hausangestellte oder so ähnlich – heraus kam. Wir erfuhren, dass das Schloss noch ganz normaler Wohnsitz der fürstlichen Familie sei und sie jetzt beim Rausfahren das Tor schließen würde, durch das wir so ohne Probleme durchrollen konnten. Wir entschuldigen uns natürlich für das versehentliche Eindringen ins fürstliche Anwesen und rollten weiter.

Schloss Varlar. Schon sehr schön, das.

Den Kaffee bekamen wir ein paar Kilometer weiter in Coesfeld. Was ja „Kohsfeld“ ausgesprochen wird, weil es ein westfälisches Dehnungs-E im Namen enthält. Ansonsten tat sich Coesfeld durch nichts wirklich hervor.

Inzwischen war es ordentlich warm geworden und wir wollten nocheinmal zu dem schönen kleinen See von zwei Tagen zuvor. Wir hatten inzwischen die Richtung gewechselt und in südlicher Richtung fällt das Land leicht zur Ruhr ab. Also flach bergab mit Rückenwind. Der Traum des Liegeradlers! Die 20 km waren schnell weggeflogen.

Am See fanden wir wieder ein schönes Plätzchen, allerdings kam gegen später eine ganze Bande Hundebesitzer nebst ihren Vierbeiner vorbei. Die Hundebande feierte Schwimmparty, was sehr drollig anzusehen war. Vor gab es sichtbar große Unterschiede zwischen Hundewasserratten und offensichtlich wasserscheuen Fellnasen. Ein Geplansch und Gewuff war es auf jeden Fall!

Die Hundegang im Bulderner See.

Der Rückweg führte uns wieder nach Schapdetten in die Alte Post. Heute konnten wir im schönen Kirchgarten sitzen und speisen, das Wetter ließ es endlich zu. Alles in allem wieder eine gelungene Landpartie in dieser wunderschönen Gegend. Da kann man gerne mal wieder kommen!

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Zu Besuch bei der Droste

Mörderetappen standen nicht mehr auf dem Plan. Im Gegenteil verhießen die Wetterprognosen unterschiedliche Verläufe unbeständigen Schauerwetters. Deswegen war der Plan, in der näheren Umgebung etwas Sehenswertes zu besuchen, um uns im Ernstfall in kurzer Dístanz zu unserem Feriendomizil zu befinden.

Die Burg Hülshoff ist hier gleich um die Ecke. Das schien also ein erstes lohnenswertes Ziel zu sein, zumal wir Bodensee-Anrainer ja eine besondere Beziehung zu Anette haben, verbrachte sie ihre letzten Lebensjahre doch bei uns, auf der Meersburg. So besuchten wir ihre Jugendstätte – quasi als Gegenbesuch. Nach kurzer Fahrt über das schöne Land auf (schon) gewohnt guten Fahrradwegen erreichten wir das Wasserschloss.

Burg Hülshoff

Ein schönes Anwesen, die Droste-Hülshoffs hatten schon Generationen an diesem Platz verbracht und konnten sich auch schon vor vielen hundert Jahren offensichtlich „was leisten“. Ein großzügiger Park mit immensen einzelstehenden prächtigen Baumexemplaren lud uns zunächst zum Lustwandeln ein. Durchaus eine Alternative zum Kilometer kloppen.

Wo wir schon mal da waren, besichtigten wir auch die als kleines Museum eingerichteten Räume des Schlösschens. Per selbstverständlich frisch desinfiziertem Audioguide wird man von Raum zu Raum geführt, während man sich das Ding ans Ohr hält, auf dem man zuvor die Nummer an der Wand gewählt hat. Ich lese zwar in der Regel lieber (was hier nicht möglich war – keine Tafeln), aber der Eintritt war schon bezahlt.

Nichtsdestotrotz eine sehr interessante Einführung in das Schlossleben und in das Leben der großen Dichterin, die es alles andere als leicht hatte. Als Frühgeburt hatte sie immer mit einer instabilen Gesundheit zu kämpfen, kurzsichtig war sie wohl auch. Verheiratet war sie nie, was wohl auch viel mit ihrer Mutter zu tun hatte – Mutter und beide Schwestern gluckten lange in einer regelrechten Weiberwirtschaft zusammen. Anettes Schwester heiratete dann irgendwann einen wohlhabenden Schweizer, in dessen Familienbesitz sich die Meersburg befand, was dann zu ihrem letzten Wohnsitz wurde.

Anette herself. Ungünstiges Make-Up.

Anstrengender war aber auf jeden Fall die Tatsache, dass sie sehr begabt war und dazu noch ihre eigenen Vorstellungen hatte. Es ziemte sich im frühen 19. Jahrhundert für Fräuleins nicht, einen eigenen Kopf zu haben. Nichtsdestotrotz schaffte sie es, zur bedeutendsten Dichterin ihrer Zeit zu wachsen und bis heute ihren Platz in der Reihe großer deutscher Dichter und Schriftsteller einzunehmen.

Nach so viel Nahrung für den Geist war es wieder einmal an der Zeit an das leibliche Wohl zu denken. Ein hübsches Café im Innenhof ließ uns noch ein wenig mehr verweilen. Die Speisekarte war voller Reminiszenzen an romantische Literatur, und auch der zu schnell gelesene „Elefantentraum“ war dann doch ein Elfentraum und als süßes Zwischenhäppchen sofort bestellt.

Danach sollte der Tag doch noch etwas sportlicher werden – es war immer noch trocken und sehr schwül-warm. Wir wollten als nächstes Besichtigungsziel Billerbeck ansteuern, was als sehr schönes Städtchen hier in der Gegend gepriesen wird. Die Route führte uns über die Baumberge, die sich am höchsten Punkt immerhin 100 Meter über dem restliche Land erheben. Am höchsten Punkt angekommen, trat ein, was uns alle Wetter-Apps prophezeit hatten: es fing an zu regnen.

Erst ein bisschen, dann hörte es noch mal auf, dann wieder ein bisschen, dann ein bisschen mehr. So ungefähr eierten wir auch eine Weile hin und her, ob wir weiterfahren sollten oder uns zurück in Richtung unserer Homebase begeben sollten. Schlussendlich fuhren wir zurück nach Havixbeck downtown. Dort gab es noch mal ein Eis, und dann legte es richtig los – Starkregen vom feinsten. Havixbeck hat einen hübschen gotischen Torbogen, der sehr praktisch ist, wenn man als Radfahrer vor plötzlich auftretenden Niederschlägen flüchten muss. Wir waren nicht allein.

Im Torbogen, draußen sehr ungemütlich.

Eine ganze Weile harrten wir noch aus, bis wir mit Regenzeug durch die immer noch kräftige Schüttung ein Restaurant ansteuerten. Auch nach dem Essen hatten wir es mit zum Glück wenigen sintflutartigen Regenkilometern zu tun. Trotz allem waren wir nicht ertrunken und am Ende Ross und Reiter im Trockenen.