Man gewöhnt sich ja so langsam. Bergauf kurbeln, bergab laufen lassen. Und obwohl der heutige Tag höhenmäßig fast noch mehr Arbeit als gestern war, war er um einiges weniger spektakulär.
Wir starteten bei schönstem Sonnenschein aus St. Maria in westliche Richtung den Ofenpass hinauf. Ruhige Straße mit wenigen Motorrädern, die sich alle ganz brav benahmen. Einzig und allein (wieder) offensichtlich der Club englischer Nobelkarossenfahrer unter einem Höllenlärm und zum Teil mit verdammt wenig Abstand überholend war ein wenig lästig. Da fragt man sich, was schlimmer ist: brüllende einfamilienhausteure Flachkarossen oder Motorradfahrer-Pulks.
Bald war der Ofenpass erreicht, nur 700 Höhenmeter – was fürs Frühstück ;-). Wenig einladend, die Passhöhe – wir fuhren bis Il Fuorn ab, wo wir auf schöner Terrasse eine Bündner Gerstensuppe bekamen.
Ein kleiner Gegenanstieg bis Ova Spin war noch geboten, aber bald war das Inntal wieder erreicht. Dort nahmen wir zunächst brav die Radroute, die sich aber als unangenehmer Schotterweg durch den Wald mit lauter Bonus-Höhenmetern herausstellte. Und von oben sah man die fast nicht befahrene Landstraße. Die wir bei der nächsten Gelegenheit nahmen.
Ab Zuoz kann man dann sogar ein kleines paralleles Sträßchen nehmen, was einen im Gegensatz zur Radroute auch noch mitten durch die schönen Engadiner Orte führt. Manche Radroutenplanungen sind einfach nicht zu verstehen.
Je eine Vesper- und Kaffeepause später war es immer noch früh am Tag und der Begleiter war wild entschlossen, auch noch den Albulapass unter die Räder zu nehmen. Ob der sehr dunklen Schauerwolken sah ich dem Vorhaben etwas skeptisch entgegen.
Aber ein sehr schöner Pass. Verkehrstechnisch der ruhigste der Tour. Man sieht schon von Weitem die mächtigen Schutthalden der Bergkette, die das Hochplateau nördlich begrenzt.
Ziemlich oben machten die Wolken dann doch noch ihr Schleusen auf. Hektisch das Regenzeug angezogen und schnell-schnell nach unten gefahren und unten gemerkt, dass der Rucksack noch oben steht. So original passiert 2003 am Col du Lautaret. Mit demselben Begleiter – also kanns ja nur an dem liegen? 😉
Die netten Hotelleute kümmerten sich super hilfsbereit gleich und fuhren sogar kurz rauf. leider war er nicht mehr an dem Ort, wo ich ihn abgestellt hatte. Jetzt müssen wir warten, bis das Hospiz morgen wieder besetzt ist – vermutlich (hoffentlich) hat ihn die Wirtin sicherheitshalber mit reingenommen. Zum Glück ist nur wenig Geld im Geldbeutel und alle wichtigen Gerätschaften nicht dort drin…
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Operation Alpensturm – Teil 3: Stilfser Joch
Die Königsetappe. Ein Angstgegner. Würden wir ohne völlig entkräftet vom Rad zu fallen die mehr als 1800 Höhenmeter wegstecken? Spannend.
Immerhin herrschte heute morgen endlich mal blauer Himmel und Sonne pur. Das sehr hübsche Örtchen Glurns mit seinen wunderschönen alten Gemäuern präsentierte sich in prächtigem morgendlichem Sonnenlicht.
Die ersten Kilometer radelten wir noch auf dem immer noch hervorragend ausgebauten Etschradweg bis Prad, dem Talort des Stilfser Jochs. In Prad ging es rechts und eigentlich sofort bergauf. Direkt nach dem Ort auch die erste Kehre mit der Nummer 48, was einem immer schön auf einem Schild angezeigt wird. Gut, da waren es ja nur noch 47.
Außer uns waren Hunderte von Motorradfahrern nebst unzähligen zum Teil sehr hochpreisigen Automobilen unterwegs. Was die Fahrt zum Teil wenig entspannt machte und vor allem mitunter für einen Höllenlärm sorgte. Nun ja, wir hatten damit gerechnet – Sonntag und einer der ersten Tage, die stabile Wetterverhältnisse versprachen.
In Trafoi wurde eine erste Kaffeepause eingelegt. Weil man ja weiß, dass bei einer solchen Bergwertung eine ausgefeilte Pausenstrategie das A und O ist. Und wir gingen das ganze ganz ruhig an.
Zwischen Trafoi und der Jausenstation auf der Franzenshöhe hatte ich mal kurzzeitig den Eindruck, dass wenn es weiterhin so steil weiter ginge, ich tatsächlich sterben müsste. Zum Glück befand sich genau zu diesem Zeitpunkt ein geeigneter Mittagspausenplatz, an dem wir turnunsgemäß gegen 13:00 Brot, Käse und Hamdwurst einnahmen. Lustiges Schauspiel von zu dicken Wohnmobilen von unsicheren Rentnern gesteuert, die die komplette Kehre blockierten und einen erheblichen Rangieraufwand beim restlichen Verkehr erzeugten.
Danach gelang das Klettern auf gegebener steilen Straße wieder besser und in der Franzenshöhe war die nachmittägliche Kaffeepause angesagt. Hier sieht man schon bis obenhin und vor allem die verbliebenen 21 Kehren, die sich kühn den steilen Hang hinaufwinden.
Ein Eis, eine Apfelschorle und einen Kaffee später war ich wieder bärenstark und zuog die restlichen 7 Kilometer ohne Pause durch. Endorphine in allen Ecken des Körpers. Oben allerdings ein Rummelplatz vom Feinsten. Gefühlt alle Motorradfahrer, die uns im Laufe des Aufstiegs lautstark überholt hatten waren dort. Imbissstände, Souvenirshops, Kaffeebuden. Das aussagekräftigste Pass-Schild war denn auch mitten im Souvenirshop zwischen Plüschmurmeltieren und Helden-Radtrikots aufgestellt. Nun ja.
Das gaben wir uns nicht lange, zogen eine Schicht für die Abfahrt über und stürzten uns nach unten. Naja, ich lasse das sehr kontrolliert angehen und werde dafür hin und wieder als Bergabbremser verunglimpft. Aber mir ist es lieber ein wenig sicherer.
Bald ging es nach rechts, wo wir mit einem winzigen Gegenanstieg noch über den Umbrail fuhren. Von dort führt die Straße nach unten ins Münstertal in der Schweiz. In St. Maria, einem wieder sehr malerischen Ort mit wunderschön sanierten Engadiner-Häusern, fanden wir auch sofort ein gutes Hotelzimmer in einem ebensolchen schönen alten Haus.